Hameln. Reges Interesse rief gestern Abend die Podiumsveranstaltung "Die Rückkehr der Wölfe" der Volkshochschule Hameln-Pyrmont im Hamelner Hefehof hervor.

Unter der Moderation von Eva Strohdeicher stritten sieben Gäste auf dem Podium darüber, wie denn diese Rückkehr der Wölfe aussehen sollte - und auch, ob eine Rückkehr überhaupt so erstrebenswert sei. Knapp drei Stunden dauerte die Veranstaltung, die mit einem einleitenden Vortrag von Raoul Reding, dem Wolfsbeauftragen der Landesjägerschaft Niedersachen, begann und dann in die Diskussion mündete.

Kleiner Kritikpunkt an der sonst eigentlich guten Veranstaltung: Warum kostest eine als "öffentliche Veranstaltung" beworbene Veranstaltung der VHS, noch dazu zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema, 12 Euro Eintritt an der Abendkasse?

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Nach seinem Vortrag übernahm Raoul Reding während der Diskussion die Rolle des neutralen Dokumentators und wissenschaftlichen Analytikers.

Er rief dazu auf, Wolfsbeobachtungen jeglicher Art (auch Risse) schnellstmöglich zu melden, um sie als Teil der Dokumentation zu erfassen und plädierte auch für ein Bundesländer übergreifendes Meldeverfahren. Schließlich mache der Wolf nicht an Landesgrenzen halt.

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Dr. Ernst-Hermann Solmsen, Diplombiologe und NABU-Mitglied, sorgte mit einigen seiner Äußerungen gerade unter den Weidetierhaltern im Publikum für das ein oder andere Stirnrunzeln. So sprach Dr. Solmsen angesichts der Rückkehr der Wölfe von einem "Experiment". Die Lage müsse sich erst "einpendeln". So gesehen seien wir noch in der "Lernphase". Und überhaupt würde es "nicht ohne gesellschaftliche Zumutungen gehen". Er glaubt: "Wir haben Gebiete, in denen eine Nutztierhaltung und Wolfspopulation möglich ist."

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Heidi Gatzlaff, 1. Vorsitzende des Wandervereins Weserbergland e.V., sah die Äußerungen des "Wolfsbefürworters" Dr. Solmsen kritisch. Sie berichtete von einigen Menschen, die mittlerweile den Wald meiden würden – aus Angst vor dem Wolf. Und auch wenn der Wolf, soweit vermeintlich bekannt, noch keinen Menschen in Deutschland getötet habe, dürfe man, laut Gatzlaff, die emotionalen Ängste der Menschen nicht bagatellisieren oder der Lächerlichkeit preisgeben.

Im Hinblick auf einen Schadensausgleich bei Nutztierrissen fragte sie in der Schlussrunde provokant: "Wenn ein Mensch gerissen wird, wird dieser auch ersetzt?"

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Prof. Dr. Volker Ruwisch, Grünen-Ratsherr der Stadt Uslar, hatte auf dem Podium die wohl schwierigste Rolle. Der Grüne ist nämlich auch Mutterkuhhalter und damit "eindeutig gegen den Wolf". Prof. Dr. Ruwisch forderte gar eine "Obergrenze für Wölfe". In seiner Heimat, dem Solling, dem zweitgrößten Waldgebiet Niedersachsens, sprach er sich komplett gegen eine Wolfspopulation aus.

Er vertrat die Position, dass der Wolf eine Art ist, die nicht vom Aussterben bedroht sei. Auch fragte er, warum er seine Tiere einzäunen solle, wenn doch die Gefahr nicht von seinen Tieren, sondern vom Wolf ausginge. Er forderte daher: "Zäunt den Wolf ein!"

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Horst Söffker, Vorsitzender des Landesschafzuchtverbandes Niedersachsens, zeigte aus den Erfahrungen seiner Praxis und die seiner Berufskollegen auf, dass insbesondere die Schafhaltung nicht mit der Rückkehr der Wölfe zu vereinbaren sei.

Herdenschutzhunde am Weserradweg? Die würden Touristen angreifen oder zumindest Angst einjagen. Außerdem zeigte Söffker auf: er bräuchte acht Hunde für seine Herden - unbezahlbar für ihn. Zudem seien diese selbst für Urlaubsvertretungen von ihm zu gefährlich. Ein anderes, weniger bekanntes Argument gegen Herdenschutzhunde: "Dort wo sie eingesetzt werden, werden auch Bodenbrüter weniger." Und das könne nicht in unserem Sinne sein.

Drei Meter hohe Weidezäune in der Schafhaltung? Hierfür, rechnete er sich aus, seien 15.000 Euro notwendig zu investieren. Theoretisch jedenfalls. Praktisch gesehen aber auch gar nicht umsetzbar. Denn Schafe würden bekanntlich nicht nur stationär gehalten, sondern wandern auch zu anderen Orten.

Er forderte: "Die Politik sollte endlich den Mut haben, Problemwölfe zu entnehmen." Und außerdem: Die Entschädigungen für Risse müssten deutlich schneller und unbürokratischer gehen. "Manchmal", erzählte Söffker, "dauert die Analyse von DNA-Proben fünf, sechs Monate". Mit der ernüchternden Folge: Nach dem dritten Mal meldet ein Schäfer seine Risse nicht mehr.

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Heiko Brede, Wolfsberater und Förster für Waldökologie des Niedersächsischen Forstamtes Oldendorf, bat um eine Entemotionalisierung der Wolfsdebatte: "Wir müssen wieder zur sachlichen Diskussion zurück." Soweit stimmten Brede alle zu.

Keine Zustimmung, zumindest unter den Weidetierhaltern, erhielt Brede jedoch bei seinen Plädoyers für eine Rückkehr der Wölfe in Deutschland. Er fragte in Richtung von Prof. Dr. Ruwisch: "Wo, wenn nicht im zweitgrößten Waldgebiet Niedersachsens soll der Wolf denn hin?"

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Jürgen Ziegler, Vorsitzender der Jägerschaft Hameln-Pyrmont e.V. und Kreisjägermeister im Landkreis Hameln-Pyrmont, sprach sich, wenn auch uneindeutig, für die Eingliederung des Wolfes in das Jagdrecht aus. Das allerdings sei eine politische Entscheidung.

Dem Argument, der Wolf sei ein vernünftiger Regulator für das Gleichgewicht im Wald, widersprach der Kreisjäger. Laut Ziegler wähle "der Räuber das Beuteschema bei den Wildbeständen selbst aus". Und ob das dann sinnvoll aus Sicht der Regulierung sei, ein junges Rehkitz zu reißen, müsse verneint werden.